Elementwände

 

 

Anfang dieses Jahrhunderts begann die Verwendung von Elementwänden (zwei Fertigteilschalen mit Ortbetonkern) als „Weiße Wanne“ und hat sich innerhalb der letzten 20 Jahre an die Spitze der Wandkonstruktionen bei WU-Konstruktionen im gewöhnlichen Wohnungsbau gebracht.

 

Dieser Siegeszug der Elementwand liegt nicht an der qualitativ sicheren Verwendung in einer WU-Konstruktion, sondern an einer vermeidlich günstigen Konstruktion und an dem Mangel an qualifizierten Fachkräften. Die Montage von Fertigteilen ist relativ einfach, erfordert praktisch kein einschlägiges Fachwissen und die Oberflächen entsprechen höchsten Qualitätsanforderungen. Nach Fertigstellung, somit der Ortbetonverfüllung, bleibt alles was sich zwischen den beiden Fertigteilschalen befindet für immer verborgen.

 

Nach intensiver Auswertung über die letzten 5 Jahre von über 15.000 m² Außenwandflächen mit Elementwänden im Druckwasserbereich, entspricht die Erfolgsaussicht zum Erreichen einer wasserdichten Konstruktion mit Elementwänden die gleiche Quote wie beim Glücksspiel.

 

Auch bei einer 100 % sorgfältigen Herstellung einer Elementwandkonstruktion unter Einhaltung aller erforderlichen Maßnahmen und Vorgaben ist eine druckwasserdichte Konstruktion nicht sichergestellt. Die Elementwand ist durch ihre Konstruktion und den Herstellungsprozessen nicht geeignet ohne zusätzliche Abdichtungslagen ein funktionstaugliches Stahlbetonbauwerk mit den Eigenschaften einer „Weißen Wanne“ zu ergeben.

 

 

Der erforderliche monolithische Verbund zwischen Fertigteilschale und Kernbeton

 

Zum Erreichen einer wasserdichten Wandkonstruktion muss der Ortbeton (Kernbeton) mit den beiden Fertigteilschalen einen kraftschlüssigen monolithischen Verbund eingehen. Damit der Kernbeton einen monolithischen Verbund mit der Fertigteilschale erhält, muss die Innenseite (zum Kernbeton) eine entsprechende Rauigkeit aufweisen, keinen Zementschleier vorhanden und ausreichend feucht sein. Die Vorgaben aus der jetzt gültigen WU-Richtlinie 2017 enthalten eine Mindestrauigkeit (Rautiefe) von 1,5 mm. Die WU-Richtlinie 2003 enthielt eine Mindestrauigkeit von 0,9mm.

Bei der Herstellung von Elementwänden wird zunächst eine Fertigteilschale auf einem Stahltisch hergestellt, welcher im zweiten Produktionsschritt gewendet werden kann und mit den Gitterträgern in die zweite (frische) Fertigteilschale gedrückt wird. An der ersten Fertigteilschale lässt sich (wie bei Elementdeckenplatten) ein mechanisches Aufrauen (Foto) oder mittels einer Harke erreichen, welche eine Rauigkeit von mindestens 30x mehr erreicht, wie erforderlich (1,5mm). Bei der zweiten Fertigteilschale kann nur durch Betontechnologie eine Rauigkeit von ≥ 1,5mm erreicht werden.

In der Regel geht der Kernbeton keinen monolithischen Verbund mit der zweiten Fertigungsschale ein, selbst wenn die Rauigkeit über der in der gültigen WU-Richtlinie gefordert 1,5mm liegt. Bei der Auswertung von über 50 Kernbohrungen an 10 verschiedenen Wandkonstruktionen (unterschiedliche Objekte), welche dokumentiert alle Vorgaben und Richtlinien bei der Herstellung eingehalten haben, konnte nicht ein einziger Verbund festgestellt werden.

Von den einschlägigen Befürwortern und Herstellern der Elementwandkonstruktionen wird zu den Ergebnissen von Bohrkernuntersuchungen entgegnet, dass im Zuge der Bohrung die Außenschale „weggedrückt“ wurde. Dies ist schon alleine aus physikalischen Gründen nicht möglich, zum weiteren ist in den Bohrlöchern selber der Trennriss zwischen Fertigteilschale und Kernbeton zu erkennen.

 

Die Anforderungen an die Rauigkeit werden in der gültigen WU-Richtlinie wie folgt beschrieben:

 

Die Innenseiten der Elementwandplatten sowie die Oberseiten der Elementdecken müssen so beschaffen sein, dass der Verbund und eine hohlraumfreie Verbindung zwischen dem Kernbeton und den Elementwandplatten bzw. zwischen Aufbeton und Elementdecke sichergestellt sind und damit sich ein monolithisch wirkendes Bauteil zur Vermeidung eines Wasserdurchtritts zwischen Ortbetonergänzung und Halbfertigteilen ergibt. Dafür ist eine vollflächige kornraue Verbundfläche zur Kernbetonseite erforderlich. Die mittlere Rautiefe muss mindestens 1,5 mm betragen. Bei der Erstprüfung ist die mittlere Rautiefe Rt in Anlehnung an DIN EN 1766:2000-03, Abschnitt 7.2, oder nach dem Kaufmann-Sandflächenverfahren nachzuweisen. Der Durchmesser des Sandfeldes ist auf 1 mm genau an drei unterschiedlichen Stellen zu messen und der Mittelwert d mit einer Genauigkeit von einem Millimeter zu berechnen. Die mittlere Rautiefe muss an den Innenoberflächen der äußeren und der inneren Elementwandplatten bzw. der Oberflächen der Elementdecken am erhärteten Beton bestimmt werden.

 

In der laufenden Produktion ist wie folgt zu verfahren:

- Herstellung einer Referenzplatte im Werk;

- Sichtprüfung im Werk und Vergleich mit der Referenzplatte; Dokumentation jeder Lieferung;

- Messung im Zweifelsfall (Sandflächenverfahren, lasergebundene Verfahren).

 

Auf der Baustelle ist wie folgt zu verfahren:

- Sichtprüfung stichprobenartig;

- Messung im Zweifelsfall (Sandflächenverfahren, lasergebundene Verfahren).

 

 

An dieser Stelle muss hinterfragt werden, welche Interessen hier vertreten werden, die der Bauherren und Verwender welche das Bauprodukt "Elementwand" verwenden und bezahlen oder die Fertigteilhersteller, welche das Bauprodukt verkaufen?

 

Die Prüfung bei der Produktion erfolgt an einer Referenzplatte, somit keine Platte welche zur Baustelle geliefert wird, sondern an einer Platte die ausschließlich zur Überprüfung der Rauigkeit hergestellt wurde. Die Überprüfung, ob die zur Verwendung hergestellte Platte eine erforderliche Rauigkeit aufweist, erfolgt durch Sichtprüfung. Der Mitarbeiter des Herstellerwerkes soll visuell eine optische Sichtprüfung einer Betonoberfläche im Millimeterbereich vornehmen, an Flächen die dieser nicht einsehen kann, denn die zweite Fertigungsschale wird durch die erste verdeckt.

 

Bemerkenswert ist die beschriebene Vorgehensweise an der Baustelle, welche mit der Realität und einer Umsetzung wenig zu tun haben. Zum Zeitpunkt der Anlieferung auf der Baustelle soll bei Lieferungsannahme auch durch Sichtprüfung (unter Baustellenbedingungen) geprüft werden, ob die Oberflächenrauigkeit 1,5 mm beträgt. Abgesehen von der Tatsache, dass auch der Mitarbeiter auf der Baustelle nicht in die Wände schauen kann, soll dieser Abweichungen unterhalb der Millimeterstärke prüfen. Sollte der Prüfende an der Baustelle eine Abweichung von 0,5 mm erkennen, ist ein lasergebundenes Messverfahren durchzuführen.

 

 

Wandstärke

 

Nach der gültigen WU-Richtlinie wird die Wandstärke maßgeblich durch die erforderliche Betondeckung an der Wandanschlussbewehrung und den Fugeneinbauteilen (z.b. Fugenbänder) bestimmt. Mit zweilagiger Anschlussbewehrungen am Wandfuß und Fugenband muss die Gesamtwandstärke mindestens 35cm betragen, hierfür müssen jedoch die Plattenränder der Elementwände am Wandstoss auf beiden Seiten (Innen- und Außenseite) eine Anphasung (gebrochene Kante) aufweisen. Die Kantenbrechung auf der Innenseite ermöglicht es erst die erforderliche Betondeckung zwischen der Anschlussbewehrung und der Wand zugewandten Plattenoberfläche auf das Maß von 5mm zu reduzieren (völlig ungeachtet der Tatsache, dass eine Montage bei einem so geringen Abstand überhaupt nicht möglich ist). In der Regel weisen die Platten nur auf der Außenseite eine Kantenbrechung (Abschalkante auf dem Schaltisch) auf, die erforderliche Kantenbrechung auf der Innenseite zum Kernbeton fehlt in der Regel. Ohne die Kante auf der Innenseite erhöht sich die erforderliche Wand um mindestens 4 cm, somit auf 39cm.

 

Die unter Baustellen bestimmten Umstände, hier Maßtoleranzen der fluchtmäßigen verbauten Anschlussbewehrung, die Montagemöglichkeiten (Abstand Anschlussbewehrung zur Innenseite der Wandplatten) sowie die Betonier- und Verdichtungserfordernissen zwischen dem Fugenband und der beidseitigen Anschlussbewehrung, erfordern eine Gesamtwandstärke von 40cm. Nur die Abstände von 4,5 cm zwischen der Anschlussbewehrung und der Innenseite der Platten und ein beidseitiger Abstand von 8cm zwischen Fugenband und Anschlussbewehrung (somit Wandstärke von 40cm) ermöglichen die Erstellung eines funktionalen druckwasserdichten Wandanschlusspunkts zwischen Außenwand und Bodenplatte.

 

 

Betonierbarkeit

 

Der standardmäßige Gitterträgerabstand von Elementwänden beträgt ca. 45cm (zulässig bis zu 62,5cm), welche Einfluss auf die Betonierbarkeit und Fugenausbildung (senkrechte Fugen) hat, Abstände unterhalb von 45cm erschweren die senkrechte Fugenausbildung (Bewehrung und Fugenband).

 

Die übliche und erforderliche Betoniergeschwindigkeit einer 30cm starken Außenwandkonstruktionen als Elementwände (Kernbeton ca. 18 cm) beträgt 2,5 m pro Stunde und nicht die standardisierte Angabe auf den Verlägeplänen von 0,5 m pro Stunde. Der Beton ist gleichmäßig in Lagen (mittels Schlauch, Fallhöhen unterhalb von 1m) einzubauen (Lagen von ca. 50cm) und zu verdichten, bis zum Erreichen der fertigen Wandhöhe. Arbeitsunterbrechungen, somit waagerechte Betonierfugen sind bei "Weißen Wannen" unzulässig.

 

Bei der erforderlichen Betoniergeschwindigkeit von 2,5 m pro Stunde und einer Betonkonsistenz von F4 ergibt dies einen Gitterträgerabstand von unter 25cm, damit der entstehende Schalungsdruck aufgenommen werden kann. Bei einem erforderlichen Gitterträgerabstand von 25cm zur Aufnahme des Schalungsdruckes ist keine fachgerechte Fugenausbildung an den jeweiligen Plattenstößen möglich. Hinzu kommt eine deutlich erschwerte Montage der Platten bei der Einfädelung der Anschlussbewehrung in den Zwischenraum der Platten.

 

 

 

Schubnachweis der Plattenstöße

 

Für die einzelnen Plattenstöße ist ein Schubnachweis durch den Tragwerksplaner zu führen, in dem der zu erwartende Druck bei der Arbeitsraumverfüllung (Verdichtungsgeräte) berücksichtigt wird. Die Wandbelastung, im Zuge der Arbeitsraumverfüllung unter Verwendung von Verdichtungsgeräten, ist um ein vielfaches höher als der dauerhaft anstehende Erddruck.

 

 

Aufständerfuge

 

Elementwände sind bei der Aufstellung auf die Bodenplatte mit mindestens 3 cm aufzuständern, hierfür werden (in der Regel vom Fertigteilwerk geliefert) Hartkunststoffplatten, ca. 5x5 cm verwendet. Im Bereich dieser, in die Wandkonstruktion eingebauten Kunststoffteile (ohne außenseitige zusätzliche Abdichtung), gelangt Druckwasser direkt an die Fuge zwischen Elementplatte und Kernbeton (wie an jedem Plattenstoß auch). Meistens wird bei der Wandmontage nicht darauf geachtet die Aufständerplatten zu versetzen, so dass sie zusätzlich genau gegenüber eingebaut werden, was die Problematik noch verschärft.

 

 

Sachstand

 

Unter Anwendung der einschlägigen Konstruktionsregeln für die Planung und Konstruktion von Elementwänden als Bauprodukt zum Erreichen einer „Weißen Wanne“, ist keine Konstruktion nach den anerkannten Regeln der Technik zu erreichen.

 

Die Beibehaltung von Elementwänden in der zurzeit gültigen WU-Richtlinie als mögliche Ausführungsvariante ist durch die Interessenslage der Fertigteilindustrie fundiert worden. Die Problematiken von Elementwänden sind seit langem bekannt, aber das Bauprodukt Elementwand nimmt einen sehr hohen Stellenwert in der Produktionskette der Fertigteilindustrie ein und löst somit großes Finanzinteresse aus.

 

Fertigteilplatten haben einen berechtigten Stellenwert im gewöhnlichen Wohnungsbau, welche große Vorteile in Qualität und der Projektumsetzung bieten, das steht außer Frage. Die Teil- und Vollfertigteile haben sich über die Maße in der Verwendung und Nachhaltigkeit nach langer Zeit bewährt und erfüllen im vollen Umfang die anerkannten Regeln der Technik. Die Elementwand ist aber als geregeltes Bauprodukt (inhaltlich von Normen und/oder Regelwerken erfasst und genormt) nicht geeignet, um eine auf den Nutzungszeitraum ausgelegtes, dauerhaftes wasserdichtes Bauteil zu ergeben, bzw. ermöglichen.

 

Dieses, meine Feststellung, basiert neben den nachfolgend genannten Normen und Regelwerken auf meine selber gewonnenen Kenntnisse bei der Herstellung von „Weißen Wannen“, deren Untersuchung und Begutachtung in den letzten 20 Jahren, sowie die gewonnenen Schlussfolgerungen im Zuge der Erstellung (Gelbdruck, Einspruchverfahren und Weißdruck) der zur Zeit gültigen WU-Richtlinie.

 

•             Eurocode 2 mit NA Anhang der DIN 1045

•             DIN 1045 letzte Fassung – technische Baubestimmungen 2012

•             DIN 18533-1, 2 und 3 :2017-07 – erdberührte Bauteile (Abdichtungsnorm)

•             Zulassung Elementwand: Z-15.2-40

•             Zwangsspannungen infolge Hydratationswärme, Eurocode 2, 2009

•             Landesbauordnung NRW, Bauproduktenverordnung, Überwachungsklassen von Betonen

•             Selbstheilung von Betonen, Meichsner/Röhling; 2015

•             Selbstheilung, Jooss/Edvardsen (Grundlagen der Selbstheilung); 1996

•             DAfStb- WU-Richtlinie vom 22. Juni 2017

•             Ergebnis der Einspruchssitzung zur WU-Richtlinie vom 22.02.2017

•             DAfStb- WU-Richtlinie vom November 2003

•             Stand der Auslegung zur WU-Richtlinie von 2003, Stand November 2012

•             Deutscher Ausschuss für Stahlbeton Heft 555; 2006 „Erläuterung der WU-Richtlinie 2003“

•             Deutscher Ausschuss für Stahlbeton Heft 559; 2006

•             Berichtigung zur DAfStb- WU-Richtlinie vom November 2003; 2006

•             Betonkalender 2018

•             Betonkalender 2016

•             DBV-Rundschreiben 249 zur Betonabdeckung und Selbstheilung aus 2016

•             BWK-Regelwerk – Merkblatt BWK-M8 Ermittlung des Bemessungsgrundwasserstand, 2009

•             Ermittlung des Bemessungsgrundwasserstand „Sonderdruck Beton“, Heft 10 aus 2004

•             BBV-Rundschreiben vom März 2018 „Wasserundurchlässige Bauwerke aus Beton“

•             DBV-Heft 16 „Typische Schäden im Stahlbetonbau“, Oktober 2009

•             DBV-Heft 28 „WU-Bauweise“, 2013

•             DBV-Heft 43 „WU-Bauweise“, 2018

•             DBV-Arbeitstagung „WU-Konstruktionen“ 2016, 2017, 2018 und 2019

•             DBV-Merkblatt „WU-Bauwerke aus Beton“, Fassung Juni 2018

•             DBV-Merkblatt „Betondeckung und Bewehrung“, Fassung Juli 2002

•             DBV-Merkblatt „Ausschalfristen“, Fassung September 2006

•             DBV-Merkblatt „Injektionsschlauchsysteme und quellfähige Einlagen“, Fassung Jan. 2010

•             DBV-Merkblatt „Abstandhalter nach Eurocode 2“ Fassung Januar 2011

•             DBV-Merkblatt „Unterstützungen nach Eurocode 2“ Fassung Januar 2011

•             DBV-Merkblatt „Parkhäuser und Tiefgaragen“ Fassung September 2010

•             Zement-Merkblatt Hochbau H10 „Wasserundurchlässige Betonbauwerke“ März 2012

•             Betonfachinformationen „WU-Bauwerke aus Beton“ März 2005

•             Bauwerksabdichtung, 52. Frankfurter Bausachverständigentag 2017

•             Fugenabdichtungen, Prof. Dr.-Ing. Rainer Hohmann; 2014

•             Elementwände im drückenden Grundwasser, Prof. Dr.-Ing. Rainer Hohmann; 2016

•             „Weiße Wannen“ – hochwertig genutzt, Prof. Dr.-Ing. Rainer Oswald; 2007

•             BDB, Bauwerksabdichtung „schwarz, weiß oder braun“, Prof. Dr.-Ing. Rainer Oswald; 2003

•             B.V.S – Standpunkt „Weiße Wannen" im Wohnungsbau 04-2016“, Rautenbach

•             EIPOS:2016 „Weiße Wannen“, Rautenbach

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